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Bisschen retro? Suzuki Swift 1.2 Dualjet Hybrid im Test

Florian Pillau
Suzuki Swift

Suzuki hat in diesem Jahr das Motorenprogramm des Swift modernisiert. Der Basisbenziner leistet nun etwas weniger als zuvor. Im Alltag ist der Verlust kaum zu spüren.

(Bild: Florian Pillau)

Der Suzuki Swift wird sparsamer, verlangt mit Saugmotor nach einem proaktiven Fahrstil. Als einer der kürzesten Kleinwagen bleibt er bemerkenswert geräumig.

Inzwischen fühlen sich "ganz normale" Einstiegsautos ohne Turboaufladung schon fast ein bisschen alt an, so gut hilft diese Technik in Verbindung mit Direkteinspritzung selbst kleinen Motoren auf die Sprünge. Das gilt sogar, wenn sie so modern angetrieben werden wie der Suzuki Swift Mildhybrid. Mit dem entsprechenden Fahrstil braucht man sich in so einem Auto aber nicht notwendig untermotorisiert zu fühlen.

Mit dem Swift stellt Suzuki sich ziemlich breit auf. Die Einstiegsvariante mit einem 61 kW (83 PS) leistenden Mildhybrid-Saugmotor bietet Suzuki bereits ab 16.230 Euro an. Der betont dynamische Swift Sport bekommt wie der Vitara mit Mildhybrid und Turbo nur mehr 95 kW (129 PS) statt 103 kW (was sich aber nicht mal im Vitara nach Verzicht anfühlt [1]) und kostet mindestens 23.200 Euro. Zwischen den Extremen liegen immerhin mindestens knapp 7000 Euro. Billigautos sind beide nicht.

Für das Einstiegsmodell wurde der Zwölfhunderter so raffiniert wie nötig, aber so einfach wie möglich konstruiert. Auf einen teuren Turbolader verzichtet Suzuki, ein Riemen-Starter-Generator schiebt nicht spürbar mit – heraus kommt ein Auto mit Charakter. Wobei der zwischen 940 kg und etwas über eine Tonne wiegende Swift eine gute Basis sowohl für dynamisches als auch für relativ ökonomisches Fahren ist.

Suzuki Swift 1.2 Dualjet Hybrid Karosserie (0 Bilder) [2]

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Weder außen noch innen wirkt der Kleinwagen billig. Wie so viele Autos zeigt auch der Swift dynamische Außenwirkung zulasten der Bediensicherheit. Bereits die modisch breite C-Säule schränkt die Rundumsicht unnötig ein. Noch schlimmer macht es aber ein Gimmick: Das Fenster der hinteren Tür wird unnötig vom Türgriff verkürzt, weil der Gestalter den partout senkrecht oberhalb der Gürtellinie haben wollte. Offenbar ein reiner Designstunt, denn ersichtliche Vorteile beim Öffnen bietet ein senkrechter Griff ja erst recht nicht.

Der höhenverstellbare Fahrersitz bietet selbst Sitzriesen und -zwergen eine Chance und kann in seiner Hochposition bewegungseingeschränkten Menschen beim Ein- und Aussteigen helfen. Der Verstellvorgang dauert allerdings wegen der indirekten Übersetzung des Mechanismus. Da das Polster den meisten auf Dauer zu weich sein dürfte und Suzuki auf Neigungsverstellung und Lordosenstütze verzichtet, dürfte nicht jeder längere Fahrten ohne Verspannungen überstehen.

Hinten genießen Passagiere große Kopffreiheit und auf der Kurzstrecke menschenwürdige Beförderung, doch könnte sich Suzuki gerade beim kurzen Swift mit einer verschiebbaren Rückbank noch steigern. 265 Liter fasst der Kofferraum, bei umgeklappter Rückbanklehne sind es unverändert bis zu 947 Liter. Ein ordentlicher Wert für ein 3,8-Meter-Auto, ein VW Polo [4] bringt es bei vier Metern auf 351 oder 1125 Liter. Die Hybridisierung kostet nur unter dem Fahrersitz Innenraum. Dort haben die Ingenieure den kleinen, 120 Wh (0,12 kWh) fassenden Lithium-Akku untergebracht. Auffällig hoch ist die Stufe zwischen dem nicht höhenverstellbaren Ladeboden und der umgelegten Rückbanklehne sowie auch die Ladekante. An ihr erkennt man, dass eine möglichst steife Karosse offenbar höher im Lastenheft stand als ein kompromissloses Supermarkt-Auto.

Alle grundlegenden Bedienelemente sind gewissermaßen blind zu finden, da Suzuki dankenswerterweise nichts am Gewohnten geändert hat. Über Licht, Blinker, Hupe und Tempomat hinaus jedoch wirkt einiges wie nachgerüstet. So liegen Headunit und Heizungsregler zu niedrig. Die Bedienung ist gewöhnungsbedürftig [5], lustlos ausgearbeitet wirkt die Menüführung, nicht annähernd genutzt werden die Möglichkeiten des Bordcomputers. Er bietet statt durchweg sinnvoller Informationsaufbereitung auch unnötigen Spielkram.

Eine induktive Smartphone-Ladeschale gibt es nicht. Angenehm wirkt in diesem Umfeld, dass Tachometer, Tourenzähler, Sprit- und Temperaturanzeige mit Skalen und Zeigern arbeiten und die Möglichkeit, alle Anzeigen inklusive Bildschirm mittels eines physischen Schalterchens zu dimmen. Das macht leider nicht mehr jeder Hersteller. Klasse ist der dunkle Kunststoff des Armaturenbretts ohne blendende Applikationen, wie etwas im Suzuki Vitara, der spiegelnde Bildschirm ist schlimm genug.

Suzuki Swift 1.2 Dualjet Hybrid Bedienung (0 Bilder) [6]

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Als Saugmotor ist auch der im Swift naturgemäß im unteren bis mittleren Drehzahlbereich vergleichsweise antrittsschwach. Eine füllige Drehmomentkurve bei der mit 13:1 hohen Verdichtung stellt gewisse Ansprüche an Brennraumform, Kühlung [8] und Steuerung. Um eine möglichst gute Drehmomentelastizität, Kraftabgabe und Effizienz bei niedrigeren Touren sicherzustellen, hat der Motor eine weitwinklige Phasenverstellung auf Ein- und Auslasseite [9], dazu Unterstützung der 2 kW leistenden E-Maschine. Das Ergebnis ist achtbar, vom Anriss eines modernen Turbomotors schon aus physikalischen Gründen aber weit entfernt.

Kunstgriffe zur Steigerung der Agilität sind die kurze Endübersetzung und eine geringe Motor-Schwungmasse. Letzteres verbessert das Ansprechverhalten des Motors, erfordert aber höhertouriges Anfahren. Einmal in Bewegung ist gute Beschleunigung dennoch nur über höhere Drehzahlen zu haben, leicht zu erkennen am unterschwellig aggressiven, nie aber störenden Unterton im Schalldämpfer. Generell etwas höhere Drehzahlen zu fahren ist hilfreich und der Motor ist darauf auch abgestimmt.

Man sollte sich auf eine grundsätzlich proaktivere, man könnte auch sagen, altmodischere Fahrweise einstellen, viel mehr antizipieren, wann und wo man voraussichtlich Leistung benötigen wird und entsprechend rechtzeitig runterschalten. Wenn man sich darauf einlässt, wird das Fahrerlebnis ganz von selbst unterhaltsamer, fast ein bisschen retro. Beim dadurch intensiven Wechseln der fünf Gänge stören zum Glück weder Hakeln noch Schwergängigkeit. Allenfalls noch etwas präzisere Schaltwege wären wünschenswert. Die Abstimmung der kurz übersetzten Gangstufen passt zur Motorauslegung.

Je nach Fahrstil verfehlt man zwar mehr oder weniger die Verbrauchsversprechen, doch oberhalb dieses Korridors landet nur ein absichtlich böswilliger Fahrer. Wir erreichten statt 3,9 Liter (erhoben im WLTP, umgerechnet in NEFZ) bestenfalls 4,9 auf 100 km und im Schnitt sogar nur 5,1. Das ist zwar eine eklatante Überschreitung, für ein Auto dieser Größe aber dennoch ein ganz gutes Ergebnis. Deutlich über sechs Liter wären von uns wohl nur mit Vorsatz erreichbar gewesen. Wohlgemerkt handelt es sich um errechnete Verbräuche, die am Bordcomputer abgelesenen liegen immer ein paar Zehntel unterhalb. Um sparsamer zu fahren, müsste man den Swift wie im Verbrauchszyklus bewegen, was sich im Vergleich zu einem Turbo-Motor naturgemäß etwas gehemmter anfühlt.

Wie jeder Hybridantrieb kann auch der im Swift lediglich die Spreizung zwischen Minimal- und Maximalverbrauch vergrößern. Wie viel das letztendlich ausmacht, hängt vor allem am Fahrprofil. Viel Stadtverkehr oder Fahrten im Gebirge vergrößern den Vorteil des Hybridantriebs - auf flachen, gleichmäßig gefahrenen Autobahnetappen dagegen zeigt sich praktisch kein Unterschied.

Suzuki bietet nicht den logisch scheinenden Ausweg eines aufgeladenen 1200ers. Ebenfalls keine Alternative zu diesem höflich bescheidenen Motor mit 107 Nm bei immerhin 2800/min ist der extrovertiert dynamische Swift Sport mit 1400er-Turbo mit 235 Nm bei 2000/min, Spoiler, Integralsitzen, Kohlefaser-Optik, spitzer Zielgruppe und entsprechendem Preisschild.

Das Fahrwerk ist im besten Sinne unauffällig, abgesehen von einem leicht widerständigen Anfedern schluckt es Unebenheiten gut und erlaubt unerwartet hohe Kurvengeschwindigkeiten, bis sich seine Präzision in ausgeprägtem Untersteuern verliert. Was auf gewundenen Straßen freilich kaum auffällt, ist die Indifferenz der Lenkung um ihre Mittellage, die nervt dafür auf der Autobahn.

Auffahrwarner und Notbremsassistent in einem ist die "Dual-Sensor gestützte aktive Bremsunterstützung" (SDBS). Sie sabotiert das Sicherheitsgefühl durch audiovisuell wirkungsvoll untermalte Fehlalarme. Weniger erschreckend aber ebenfalls nicht immer richtig agiert der Spurhalteassistent. Etwas besser machte es die Verkehrszeichenerkennung. Vom Müdigkeitswarner habe ich keine Meldung erhalten, was – denke ich – weder über mich noch über den Assistenten eine Aussage treffen lässt. Praktisch fand ich den Ausparkassistenten mit dem Namen "RCTA", was ich als lautmalerisch für das nehme, was passieren könnte, wenn er beim rückwärts Ausparken nicht vor Querverkehr warnen würde.

Suzuki Swift 1.2 Dualjet Hybrid Technik (8 Bilder) [10]

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Für einen Saugmotor mit nur 1,2 Litern Hubraum sind 107 Nm schon bei 2800/min sehr weit vorn. Die sich linear anfühlende Leistungskurve jedoch bleibt ohne Aufladung unvermeidlich.  (Bild: Florian Pillau)

VW Polo, Skoda Fabia (Test) [12] und Ford Fiesta (Test) [13] gehören zu den meistverkauften Autos auf dem Feld des Swift. Die beiden Kleinwagen aus dem Volkswagen-Imperium bieten immerhin die Wahl zwischen dem gleichen Motor mit und ohne Aufladung (für 18.511 oder 15.138 Euro beim Polo), wobei man nicht guten Gewissens zum Saugmotor im 1.0 MPI raten kann, weil der seine 93 Nm erst bei erschütternden 3700 bis 3900/min bereithält. Der Ford kostet mit fünf Türen, einem 1,1-Liter-Vierzylinder 55 kW und 105 Nm mindestens 13.891 Euro.

Zu bedenken ist angesichts dieser optimistischen Preise allerdings, dass deutsche Basis-Kleinwagen ausgesprochene Nacktfrösche sind, die schnell sehr viel teurer werden, wenn man sie entsprechend ausstattet. So bietet das Swift-Einstiegsmodell bereits einen Abstandstempomaten und im Gegensatz zu VW und Ford auch schon LED-Scheinwerfer, die mittlere Ausstattung schon fast alle gängigen Assistenzsysteme.

Wir fuhren den für 18.452 Euro fast kompletten "Comfort+", weit über 20.000 Euro kann man laut Preisliste für das Auto kaum ausgeben. Nicht ausblenden sollte man aber mögliche Einschränkungen, die mit Paketlösungen naturgemäß einhergehen. So bekommt man für den Swift keine Option auf andere Sitze, obwohl Suzuki im Swift Sport Integralsitze einbaut. Die Serienmöbel allerdings wären für mich ein Ausschlusskriterium.

Ob man sich in so einem Auto untermotorisiert fühlen muss, wie manche zu Unrecht kritisieren, hat man in der eigenen Hand: Wer nicht trödeln möchte, muss sich nur der angesichts immer besserer Turbo-Konzepte langsam ins Vergessen abdriftenden Kulturtechnik des rechtzeitigen Runterschaltens besinnen. Dann bekommt man ein Auto, das einen proaktiveren Fahrstil belohnt. Abgesehen von dieser Charakterstärke kann der Swift eigentlich nichts erwähnenswert besser oder schlechter als andere Kleinwagen. Positiv ausgedrückt: Der Swift sieht etwas lustiger aus und fährt auch etwas unterhaltsamer. Den grauen Alltag hilft das Einstiegsmodell ganz kompetent zu bewältigen, naturgemäß bieten die durchweg etwas längeren Wettbewerber aber mehr Gepäckraum.

Die Überführungskosten hat der Hersteller übernommen, die für Kraftstoff der Autor.

Hersteller Suzuki
Modell Swift 1.2 Dualjet Hybrid
Motor und Antrieb
Motorart Otto
Zylinder 4
Ventile pro Zylinder 4
Hubraum in ccm 1197
Leistung in kW (PS) 61 (83)
bei U/min 6000
Drehmoment in Nm 107
bei U/min 2800
Antrieb Front
Getriebe manuelles Schaltgetriebe
Gänge 5
Fahrwerk
Spurweite vorn in mm 1530
Spurweite hinten in mm 1530
Radaufhängung vorn Unterer Querlenker, Feder-Dämpferbein
Radaufhängung hinten Verbundachse
Lenkung Zahnstange, elektrisch unterstützt
Wendekreis 9,6
Reifengröße vorn 185/55R16 83V auf 6Jx16
Reifengröße hinten
185/55R16 83V auf 6Jx16
Bremsen vorn Scheibe, innenbelüftet
Bremsen hinten Scheibe
Maße und Gewichte
Länge in mm 3845
Breite in mm 1735
Höhe in mm 1480
Radstand in mm 2450
Kofferraumvolumen in Litern 265
max. Kofferraumvolumen in Litern 947
Leergewicht in kg nach EU inklusive 68 kg Fahrer und 7 kg Gepäck 940
Zuladung in kg 425
Anhängelast in kg 1000
Tankinhalt in Litern 37
Batteriekapazität in Ah 10
Fahrleistungen
Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in Sekunden k.A.
Höchstgeschwindigkeit in km/h 175
Verbrauch
Verbrauch (gemessen im WLTP, umgerechnet in NEFZ) in Litern/100 km

4,3
Testverbrauch Minimum in Litern 4,9
Testverbrauch Durchschnitt Litern 5,1
CO2-Emission WLTP in g/km 111
Abgasnorm Euro 6d-ISC-FCM (AP)
Daten Stand August 2020
Modell Suzuki Swift 1.2 Dualjet Hybrid
Ausstattungslinie Comfort+
Preis für diese Ausstattungslinie Euro 18.452, Testwagenpreis 19.260
Infotainment
DAB+ S
USB-Anschluss S
Soundsystem S
Navigationssystem S
Verkehrsdaten in Echtzeit S
Freisprecheinrichtung S
Head-up-Display
Assistenz
Abstandstempomat S
Einparksensoren vorn
Einparksensoren hinten S
Ausparkassistent (Querverkehrswarner) S
Rückfahrkamera S
Totwinkelwarner S
Müdigkeitserkennung S
Spurhalteassistent S
Matrix-Licht
Funktion
LED-Scheinwerfer S
elektrische Heckklappe
Alarmanlage S
schlüsselloser Zugang S
Fahrwerksoption
Komfort
Sitzheizung S
Ledersitze
Optionssitze
beheizbares Lenkrad
Lederlenkrad S
Klimaautomatik S
Automatikgetriebe
Glasschiebedach
festes Glasdach
Sonstiges
Metalliclack ab 487
Leichtmetallfelgen S
Preisliste Stand 24. August 2020

(fpi [14])


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[5] https://www.heise.de/autos/artikel/Klartext-Contra-Beruehrungsbedienung-4585339.html
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[7] https://www.heise.de/bilderstrecke/bilderstrecke_4964345.html?back=4964544;back=4964544
[8] https://www.heise.de/autos/artikel/Kanalarbeiten-1928140.html
[9] https://www.heise.de/autos/artikel/Nockenwellenreiter-1828417.html
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[11] https://www.heise.de/bilderstrecke/bilderstrecke_4964347.html?back=4964544
[12] https://www.heise.de/autos/artikel/Im-Test-Skoda-Fabia-Combi-1-0-TSI-4170588.html
[13] https://www.heise.de/autos/artikel/Im-Test-Ford-Fiesta-EcoBoost-1-0-Titanium-3890885.html
[14] mailto:fpi@heise.de