Gut gedacht, schlecht gemacht: Elektroroller Seat MÓ im Test

Seite 2: Partygag herausnehmbarer Akku mit nonexistentem Inverter

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Seat verspricht 137 km, Silence behauptet 133 im WMTC, das Handbuch sagt 127 km "maximale Reichweite" mit dem 5,6-kWh-Akku. Der MÓ kam wie beschrieben im Winter überland keine 60 km, obwohl er in der Garage stand. Der Akku lädt obendrein sehr langsam, weil das Ladegerät auf Gewicht optimiert wurde, zum komfortableren Laden in der Wohnung. Die Leistungsmessung zeigte gute 500 Watt Ladeleistung an. Hersteller-Ladezeitangabe: 6 bis 8 Stunden. Es gibt keinen Typ-2-Stecker und auch keine andere Möglichkeit, den Akku schneller zu laden. Manche Konkurrenz bietet immerhin Schuko-Ladeleistungen im kW-Bereich. Bei der Testfahrt überland verbrauchte der MÓ aufgrund der Kälte 9,0 kWh/100 km brutto. Zur Einordnung: Das ist in etwa das, was auch die Zero SR/S verbrauchte, die abzieht wie ein Superbike und nicht im Spätherbst einfach den Motor ausschaltet.

Der Gag des MÓ ist der per Trolley herausnehmbare Akku. Er wiegt über 40 kg. Die Rädchen sind nicht besonders stabil und anders als Flughafengepäck hat der Akku keine Gleiter für Absätze. Deshalb kann man den Trolley nicht beschädigungsfrei Treppenstufen hochzerren, selbst wenn die Kraft dafür vorhanden wäre. Der große Gag des MÓ zieht also nur, wenn die Fahrerin in einer Wohneinheit ohne Treppen (z. B. mit Aufzug) lebt. Für den Speckgürtel-Einsatz bis 95 km/h fände ich einen Typ-2-Stecker wesentlich nützlicher, und für den Einsatz in der Stadt finde ich elektrische Kleinkrafträder (FS-Klasse M) mit herausnehmbaren Akkus schlauer, denn dann wiegen die Batterietragerl meistens um die 10 kg. Oder man nimmt einen anderen A1-Roller mit kleinerer Batterie. 60 km schafft der wahrscheinlich auch.

Seat MO Details (13 Bilder)

Einkaufstütenhalter, bisl fummelig, aber funktional

(Bild: Clemens Gleich)

Weiterer Gag: der externe Inverter, der zwei Schukodosen mit 230 V und bis zu 700 W bieten soll und am Gleichstromanschluss aufgesteckt würde. Ja, Konjunktiv, denn der Inverter existiert nicht. Die Nutzer hoffen, dass er noch Realität wird, denn das wäre ein tolles Camping-Zubehör. Wahrscheinlich bleibt diese Idee jedoch rein virtuell, genauso wie die geplante Solarpalme mit einer Panel-Fläche, die vollkommen hirnrissig ist, wenn man mit ihr einen 5,6-kWh-Akku laden will. "Ideen sind billig", sagte einmal ein bekannter Investor. Bedeutet: Es kommt für einen Erfolg viel mehr auf gelungene Umsetzung an als auf Hirnfürze wie diese "in-drei-Wochen-vielleicht-voll"-Solarpalme. So ein Miesmacher hat in den Silence-Meetings gefehlt. Er hätte auf Feinschliff gepocht.

Die Kunden sind bisher meist ganz zufrieden mit ihrem Silence, sodass die Zielgruppe vielleicht auch versehentlich einmal einen Hunderter mehr zahlt für den Seat-Aufkleber. Das liegt daran, dass die Konkurrenz preisbereinigt auch nicht eindeutig besser ist. Kombibremse statt ABS ist unter A1-E-Rollern Standard. Schlechte Software mit unpassenden bis gefährlichen Ab- oder Zurückschaltungen der Leistung leider auch. Es gibt diese Geräte jedoch zu viel günstigeren Preisen als den MÓ, wenn eine geringere Batteriekapazität reicht.

Ein Horwin EK3 zum Beispiel kostet ab etwa 4500 Euro und hat auch einen herausnehmbaren Akku, nämlich ganz schlicht als zwei Akkutragerl à 1,4 kWh gelöst. Viel Spielraum, um noch eine separate Camping-Batterie zu kaufen. Ein gut fahrender A1-Großroller beginnt erst bei einem gebrauchten BMW C Evolution (Test) der 1. Generation, die noch für A1 zugelassen wurde. Der kostet allerdings gebraucht immer noch knackige 8000 Euro. Schwierig. Innerhalb dieses Gefüges findet der MÓ sicher seine Nische.

Persönliche Ansicht: Holen Sie sich für daheim und Camping statt dem Seat MÓ ein richtig gutes E-Bike (oder einen koreanischen 125er-Benzin-Roller) und dazu einen Camping-Akku. Dann bleibt genug Geld übrig, um mit dem Camper mindestens zweimal an den Gardasee zu fahren. Ich kann allerdings auch verstehen, wenn der Silence/Seat ob der Konkurrenz für den persönlichen Einsatz ganz okay ausschaut.

Der Seat MÓ kostet ab 6700 Euro.

(cgl)