Die Farben des Wasserstoffs und ihre Nutzung im Verkehr​

Seite 2: Farben des Wasserstoffs und ihre Nutzung im Verkehr

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Das deutsch-kanadische kleine Startup-Firma Dual Fluid hat uns in einem Interview gesagt, dass sie auch daran denken, thermolytisch Wasserstoff zu erzeugen, was die Rentabilität der Anlagen erhöhen könnte. Aktuell hat sich Dual Fluid mit dem Staat Ruanda geeinigt über den Bau einer Forschungsanlage, die belegen soll, dass das Konzept funktioniert. Hinweis für Leute, die wenig von Atomtechnik lesen: Fast alles, was in der Kerntechnik als Idee vorgestellt wird, schafft es niemals in die Strom (oder Wasserstoff) produzierende Realität und der kleine realistische Rest dauert ewig. Nur, dass Sie nicht auf Megatonnen pinken Wasserstoffs innerhalb der nächsten 30 Jahre hoffen, denn das wird es nicht geben.

Die beschriebenen Umstände zeigen das, was sich als Konsens der Energieexperten gebildet hat: Es gibt viel zu wenig Grünstrom, um daraus so viel Wasserstoff herzustellen, dass nennenswerte Mengen an Kilometern damit gefahren werden könnte. Blauer Wasserstoff ist wahrscheinlich Schwachsinn, könnte aber als Feigenblatt-Schwachsinn durchaus in größeren Mengen als grüner kommen. Ein großer Teil von vermeintlichen CO₂-Einsparungen besteht nämlich ebenfalls aus Schwachsinn im Sinne von: Es gibt sie nicht real, sondern es sind Mehrfachzählungen ("Supercredits") von Einsparungen, die oft selber schon kaum belastbar ihre Einfachwerte erreichen.

In solche Konstrukte passt schön gerechneter blauer Wasserstoff wahrscheinlich ganz gut. Weißer Wasserstoff klingt toll, steht aber noch so weit am Anfang, dass jede Prognose darüber fehlschlagen muss. Warten wir ab, was die Pioniere herausfinden. Pinker Wasserstoff in Mengen scheitert am weltweiten Rückgang der ergreisenden Kerntechnik. Wir bräuchten tausende neue AKW, damit so etwas interessant würde, und das ist angesichts der Kosten und Unbeliebtheit von Atomtechnik sehr unwahrscheinlich. Türkiser Wasserstoff könnte eine Alternative sein – wenn die Kosten stimmen.

Mercedes' Concept CLA Class als Beispiel für einen batterieelektrischen PKW der nächsten Generation. Siehe auch: BMWs Neue Klasse (Teil 2). Diese Fahrzeuge sind erheblich sinnvoller für eine stärker stromlastige Energiewirtschaft als aufwendigere, ineffizientere Brennstoffzellen-PKW.

(Bild: Mercedes-Benz)

Es wird also dabei bleiben, dass es für PKW mit meilenweitem Abstand sinnvoller ist, die viel effizientere Batterie einzusetzen als Energiespeicher statt einen Wasserstofftank. Auch Benzin oder Diesel sind sinnvoller als viele Wasserstoff-Produktionswege. Für viele LKW-Einsatzbereiche ist ebenfalls die Batterie interessanter als H2. Für den Langstreckenverkehr haben sich Mercedes-Benz Trucks und Volvo Trucks auf die Brennstoffzelle eingeschossen, weil die EU-Vorgaben für die Flottenemissionen so streng geworden sind. Ob dieser teure Weg zum Ziel führt, wird die Zeit zeigen.

Bisher könnte ein technisch fertiger Brennstoffzellen-LKW nur wenige Routen fahren. Es gibt aktuell in ganz Deutschland 86 Wasserstoff-Tankstellen, bisher alle mit Hochdruck (700 bar). Die LKW-Hersteller hätten aber gern aufgrund seiner volumetrischen Vorteile kryogen flüssigen Wasserstoff, also eine völlig andere Speichertechnik. Der VDA nennt für 2030 das Ziel: alle 200 km eine Wasserstoff-Tankstelle in Europa. Da darf dann selbst 2030 nichts schiefgehen auf einer Tour. Eine falsche Abfahrt und du bist verratzt, hundertmal ärger als beim Tanken im Elsass oder der abseitigsten Elektroautostory von vor 10 Jahren. Die einfachste Lösung für kleinere LKW-Hersteller wird sein: Die verlangten Flottenwerte mit einer Mischkalkulation aus verkauften Fahrzeugen mit jeweils Batterie oder Dieseltank erreichen.

Zwei Actros, einmal mit Brennstoffzelle, einmal mit Batterie, im Alpen-Erprobungstest. Beide Techniken werden gerade entwickelt. Der Dieselmotor wird innerhalb teilweise elektrischer Flotten nach bisheriger Gesetzgebung bei LKW noch einige Zeit möglich bleiben.

(Bild: Mercedes-Benz)

Für PKW-Hersteller hängt die sinnvollste Strategie davon ab, wie die Efuel-Ausnahme für den Verbrenner-Zulassungsstop 2035 konkret aussehen wird. Die EU will eine neue Fahrzeugklasse dafür schaffen, die mit fossiler Energie nicht fahren können soll. Wie das technisch aussehen soll, ist offen und soll erst bis Herbst 2024 konkretisiert werden. Silberstreif für Wasserstofffreunde: Wenn wir bis 2035 wider jede Prognose im Wasserstoff schwimmen, könnte die neue Fahrzeugklasse problemlos auch Wasserstoff-Direktverbrennung enthalten. Die Hersteller von AdBlue und SCR-Equipment würden für ihre erhörten Gebete ein Kerzchen anzünden.

Dreizylinder-Hubkolbenmotor verbrennt Wasserstoffgas. Vorteil: Hohe Brandgeschwindigkeit sorgt für gutes Ansprechverhalten. Nachteil: Hohe Verbrennungstemperatur produziert Stickoxide, die nachbehandelt werden müssen. Auch die Brennraumtemperatur-senkende Abgasrückführung hat noch nicht ausgedient.

(Bild: Toyota)

Die folgenden Farben haben sich in der Diskussion etabliert. Sie sind nicht genormt, daher gibt es für manche Quellen verschiedene Farben.

  • Grün: aus Wind- und PV-Strom
  • Grau: aus Erdgas, der häufigsten Quelle
  • Blau: wie grau, aber mit CO₂-Abscheidung
  • Weiß/gold: natürlich vorkommender Wasserstoff
  • Türkis: aus Methanpyrolyse, der Kohlenstoff fällt als Feststoff aus.
  • Pink/violett/rot: aus Atomkraft, elektrolytisch oder thermolytisch
  • Orange/gelb: aus biogenen Quellen wie Biomasse, Biogas und Biomethan
  • Braun: aus Braunkohle (oft zu grau gerechnet)
  • Schwarz: aus Steinkohle (oft zu grau gerechnet)

(cgl)