Für höhere Präzision: Was das Quanten-Squeezing leisten kann

Seite 2: Quanten-Squeezing zur Verbesserung von Atomuhren

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Das Quanten-Squeezing hat auch die Präzision der Zeitmessung verbessert. In Zusammenarbeit mit dem Physiker Jun Ye, Pionier der Atomuhrentechnologie, haben Robinson und sein Team an der University of Colorado Boulder eine Uhr entwickelt, die in 14 Milliarden Jahren höchstens eine Sekunde vor- oder nachgeht. Diese hochpräzisen Uhren ticken in verschiedenen Gravitationsfeldern leicht unterschiedlich, was sie nützlich machen könnte, um festzustellen, wie sich die Masse der Erde infolge seismischer oder vulkanischer Aktivitäten umverteilt. Sie könnten auch genutzt werden, um bestimmte angenommene Formen der dunklen Materie aufzuspüren, jener hypothetischen Substanz, von der Physiker glauben, dass sie das Universum durchdringt und Objekte mit ihrer Schwerkraft anzieht.

Die von Robinsons Team entwickelte Uhr, die sogenannte optische Atomuhr, verwendet 10.000 Strontiumatome. Wie alle Atome sendet auch Strontium Licht mit bestimmten, charakteristischen Frequenzen aus, wenn die Elektronen um den Atomkern herum zwischen verschiedenen Energieniveaus springen. Eine bestimmte Anzahl von Bergen und Tälern in einer dieser Lichtwellen entspricht einer Sekunde in der Uhr. "Man sagt, dass Atome perfekt sind", sagt Robinson. "Atome sind meine Referenz." Das "Ticken" dieses Lichts ist weitaus gleichmäßiger als beispielsweise der vibrierende Quarzkristall in einer elektronischen Armbanduhr, der sich bei unterschiedlichen Temperaturen ausdehnt und zusammenzieht, um unterschiedlich schnelle Signale zu produzieren.

In der Praxis kommt das Ticken der Atomuhr des Robinson-Teams nicht von dem Licht, das die Elektronen aussenden, sondern davon, wie sich das gesamte System im Laufe der Zeit verändert. Die Forscher versetzten zunächst jedes Strontiumatom in eine "Überlagerung" von zwei Zuständen: einen, in dem sich alle Elektronen des Atoms auf ihrem niedrigsten Energieniveau befinden, und einen anderen, in dem sich eines der Elektronen in einem angeregten Zustand befindet. Das bedeutet, dass jedes Atom eine gewisse Wahrscheinlichkeit hat, sich in einem der beiden Zustände zu befinden, sich aber nicht definitiv in einem der beiden Zustände befindet. Das erinnert an einen Münzwurf, bei dem eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, entweder auf Kopf oder Zahl zu landen. Beides gleichzeitig geht nicht.

Dann messen die Forscher, wie viele Atome sich in jedem Zustand befinden. Durch die Messung werden die Atome endgültig in den einen oder den anderen Zustand versetzt, so als würde man die Münze auf einem Tisch landen lassen. Bevor sie die Atome messen, können die Forscher – selbst wenn sie eine 50:50-Mischung anstreben – nicht genau festlegen, wie viele Atome sich in jedem Zustand befinden werden. Das liegt daran, dass sich nicht nur das System im Laufe der Zeit verändert, sondern auch der Zustand der einzelnen Atome mit einer gewissen Unsicherheit behaftet ist. Robinsons Team nutzt deshalb das Quanten-Squeezing, um die Endzustände zuverlässiger zu bestimmen, indem es diese inhärenten Fluktuationen reduziert. Insbesondere manipulieren sie dabei die Unsicherheiten in der Richtung des Spins der einzelnen Atome, eine Eigenschaft vieler Quantenteilchen, die keine klassische Entsprechung hat. Durch das Squeezing konnte die Genauigkeit der Uhr um den Faktor 1,5 verbessert werden.

Die Detektion von Gravitationswellen und ultrapräzise Uhren sind zwar akademische Nischenanwendungen. Es besteht jedoch Interesse daran, den Ansatz auch für andere, potenziell gängigere Anwendungen wie Quantencomputer, Navigationssysteme und die Mikroskopie zu adaptieren. Der verstärkte Einsatz des Quanten-Squeezing ist Teil eines umfassenderen technologischen Trends hin zu höherer Präzision. Nur so können etwa mehr Transistoren auf einem Chip untergebracht, die schwer fassbaren Teilchen des Universums untersucht und die flüchtige Zeit gemessen werden, die ein Elektron benötigt, um ein Molekül zu verlassen. Das Verfahren kommt aber nur Messungen zugute, die so subtil sind, dass die Zufälligkeit der Quantenmechanik ein erhebliches Rauschen verursacht. Bereits klar ist: Die Physik hat mehr Kontrolle, als sie bislang annahm. Sie kann den Zufall vielleicht nicht ganz beseitigen, aber beeinflussen, wo er auftaucht.

(jle)