Edit Policy: EuGH könnte Uploadfilter kippen und Berlin blamieren

Seite 3: Autonome Beurteilung unzumutbar

Inhaltsverzeichnis

Weiterhin hat der Europäische Gerichtshof im Glawischnig-Urteil verlangt, dass das Gericht, das die dauerhafte Sperrung eines rechtswidrigen Inhalts verlangt, der Plattform alle Informationen zur Verfügung stellen muss, damit die Plattform die Rechtswidrigkeit automatisch feststellen kann, ohne dass auch legale Inhalte gesperrt werden. Im Urheberrecht hängt die Rechtmäßigkeit aber immer von dem Kontext ab, in dem ein Werk genutzt wird, beispielsweise im Rahmen von Zitaten oder Parodien.

Selbst identische Uploads können in einem Fall rechtswidrig sein, in einem anderen Fall hingegen legal, wenn die hochladende Person eine Lizenz für das entsprechende Werk erworben hat. All das können automatische Uploadfilter nicht feststellen. Die Plattform müsste also selbst beurteilen, ob die Inhalte, auf die der Uploadfilter anschlägt, tatsächlich gegen das Urheberrecht verstoßen. Genau eine solche autonome Beurteilung hält der Europäische Gerichtshof jedoch für unzumutbar, ebenso wie die automatische Sperrung von legalen Inhalten.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Umfrage (Opinary GmbH) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Opinary GmbH) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Es gibt also durchaus Grund zur Hoffnung, dass der Europäische Gerichtshof der Klage Polens stattgeben und Artikel 17 für grundrechtswidrig erklären wird. Das Urteil, das für nächsten Sommer erwartet wird, könnte aber für die Umsetzung in Deutschland bereits zu spät kommen. Wahrscheinlich wird der Europäische Gerichtshof Artikel 17 nur dann für grundrechtskonform halten, wenn die Umsetzung auch ohne Uploadfilter auskommen kann.

Die CDU sollte es sich deshalb gut überlegen, genau die Elemente aus der deutschen Umsetzung zu streichen, die den Einsatz von Uploadfiltern beschränken. Es wäre äußerst peinlich für die Bundesregierung, wenn das neue Urheberrecht kurz nach seiner Verabschiedung vom Europäischen Gerichtshof für grundrechtswidrig erklärt werden sollte.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier ein externes Video (Kaltura Inc.) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Kaltura Inc.) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Zumindest ein CDU-geführtes Ministerium ist sich der Brisanz der Uploadfilter-Frage noch immer bewusst. Das Ministerium für Bildung und Forschung unter Leitung von Ministerin Anja Karliczek gibt in ihrer Stellungnahme zu bedenken: "Mit der Bagatellklausel in § 6 UrhDaG wird dem Nutzungsverhalten im Zusammenhang mit Plattformen sowie der Ausübung der Meinungsfreiheit Rechnung getragen. Die Beeinträchtigung letzterer war insbesondere im europäischen Verfahren zur DSM-RL eine seitens der Nutzer vorgetragene Befürchtung. Aus Sicht von BMBF sollte eine Bagatellklausel praktikabel ausgestaltet sein. Nur dann kann sie zur Akzeptanz des Umsetzungsvorschlags von Art. 17 DSM-RL beitragen."

Ganz gestorben ist der Vorschlag von CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak, die Pflicht zum Filtern durch eine Pauschallizenz zu verhindern, also noch nicht. Er wäre jedoch gut beraten, für Einigkeit zwischen den Ministerien zu sorgen, um eine krachende Niederlage vor den Gerichten abzuwenden, wenn die Grundrechte bei der Urheberrechtsreform nicht gewahrt werden.

Die Texte der Kolumne "Edit Policy" stehen unter der Lizenz CC BY 4.0.

(bme)