Gesundheits-Apps: Krankenkassen dürfen Ärzten nicht dreinpfuschen

Einzelne Krankenkassen haben die Herausgabe von Freischaltcodes für digitale Gesundheitsanwendungen verzögert oder verwehrt. Damit soll jetzt Schluss sein.

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Sitzende Frau in weißem Pulli nutzt ein Handy mit beiden Händen

Symbolbild

(Bild: CIRA/.CA)

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Auch drei Jahre nach der Einführung von digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) läuft es mit den "Apps auf Rezept" nicht immer rund. Immer wieder haben sich in den vergangenen Monaten Krankenkassen an ihre Versicherten gewandt und ärztliche DiGA-Verordnungen entweder abgelehnt oder ärztliche Begründungen verlangt. Das soll ein Ende haben: Das Bundesamt für Soziale Sicherung erläutert in einem Schreiben an alle bundesunmittelbaren Krankenkassen die Rechtslage: Für DiGA mit ärztlicher Verordnung gilt demnach die Therapiehoheit der Ärzte und der Versorgungsanspruch der Patienten. Verschriebene einschlägige Apps unterliegen keinem Genehmigungsvorbehalt durch die Kassen.

"DiGA werden vom behandelnden Arzt oder behandelnden Psychotherapeuten produktbezogen verordnet", zitiert das Berliner Unternehmen Vivira, das eine App bei Rückenschmerzen anbietet, aus dem Schreiben. Dem Arzt beziehungsweise dem Psychotherapeuten obliege es daher, zu prüfen, "ob die Leistungen ausreichend, zweckmäßig, notwendig und wirtschaftlich" sind. Entscheidend seien "nicht nur medizinische Maßstäben", sondern "auch die Wirtschaftlichkeit" und andere Ausschlusskriterien. Angesichts der Therapiefreiheit des Arztes sei es der Krankenkasse grundsätzlich verwehrt, "in die Verordnungsentscheidung des Arztes einzugreifen".

Mit den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften, der Festlegung des Preissystems für DiGA auf Spitzenverbandsebene, und dem als Positivliste geführten Verzeichnis beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, sei eine Ausnahme von der Genehmigungspflicht durch die Krankenkasse geschaffen, hebt das Bundesamt hervor. "Aus gegebenem Anlass" weist es ferner darauf hin, dass die Versicherer bei Vorliegen einer ärztlichen Verordnung auch nicht berechtigt seien, auf andere, gegebenenfalls preiswertere DiGA umzusteuern.

Vivira-Gründer Philip Heimann wertet die Ansage als "wichtiges Signal" für Ärzte und Patienten. Einzelne Krankenkassen hätten Freischaltcodes "unnötig verzögert oder gar verwehrt". Schon 2019 hat der Bundestag mit dem Digitale-Versorgung-Gesetz bestimmt, dass gesetzlich Krankenversicherte unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf digitale Gesundheitsanwendungen per Rezept haben.

Die gesetzlichen Krankenkassen hielten DiGA Anfang des Jahres vielfach für verzichtbar und sahen keinen Durchbruch bei einschlägigen Apps. Sie bemängeln deren hohe Kosten. Die Freie Ärzteschaft kritisierte 2021: Obgleich DiGA "kein Nutzen nachgewiesen sein muss, zahlen die gesetzlichen Krankenkassen beispielsweise für eine Adipositas-App für 90 Tage 500 Euro. Das ist mehr als ein gesetzlich Versicherter durchschnittlich für die gesamte ambulante Medizin inklusive aller Arzt-, Technik- und Laborleistungen im Jahr kostet."

(ds)