Elektroauto oder fossil befeuert: Warum schrumpft das Angebot an Kleinwagen?

Seit Jahren wachsen bei schwindenden Ressourcen und der Notwendigkeit, CO₂ zu reduzieren, die Autos. Was sind die Gründe? Gibt es Hoffnung auf eine Trendwende?

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Dacia Spring

Der Dacia Spring (Test) ist klein und günstig – jedenfalls für ein Elektroauto. Das Angebot an solchen Autos ist allerdings beschränkt.

(Bild: Florian Pillau)

Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Jan Petermann
  • dpa
Inhaltsverzeichnis

Klein- und Kleinstwagen brauchen weniger Platz, könnten den städtischen Autoverkehr effizienter machen und die Belastung des Klimas verringern. Manche Hersteller halten am Segment fest – andere setzen auf gewinnträchtigere Modelle. Offiziell sieht die deutsche Branche weiter Chancen auch bei Minis und Kleinen, vor allem mit E-Motor. Fachleute sprechen aber von einem ausgedünnten Angebot, ein Privatwagen könnte zum Luxusprodukt werden. Die Ursachen und möglichen Folgen des Trends sind vielfältig.

In Deutschland waren die Neuzulassungen nach Daten des Kraftfahrt–Bundesamts im Dezember außer bei Minivans und Wohnmobilen nur bei Kleinwagen rückläufig. Sie nahmen verglichen mit dem Vorjahresmonat um 4,1 Prozent ab. Der Anteil lag bei 9,6 Prozent. Beliebtestes Modell war der Opel Corsa (Test). Den Kleinstwagen oder Minis, wo der Fiat 500 führte, gelang ein Plus von 15,7 Prozent – aber bei anteilig nur 7,1 Prozent aller neu auf die Straße gekommenen Pkw. Die seit mehr als zwanzig Jahren stetig dazugewinnenden SUVs erzielten 34 Prozent.

Betrachtet man die Kategorien Klein- und Kleinstwagen gemeinsam, wird die langjährige Tendenz deutlich: Zwischen 2012 und 2022 sank der Gesamtanteil von fast 24 auf knapp über 18 Prozent, wie auch das Handelsblatt jüngst berichtete. Der Branchenverband VDA bewertet die Lage dennoch positiv. An Kleinwagen habe es im abgelaufenen Jahr bis kurz vor Ende bundesweit über 420.000 neu zugelassene Exemplare gegeben, zu fast einem Drittel mit E-Antrieb.

Eine Folgerung der Autolobby: "In Deutschland ist insbesondere bei batterieelektrischen Pkw der Anteil von Klein- und Kleinstwagen sehr hoch." Seit die E-Mobilität auch dank der staatlich-industriellen Zuschüsse Fahrt aufgenommen habe, gewännen kleine, kompakte Fahrzeuge sogar eher an Bedeutung. Jedoch muss man das in Relation zu anderen Segmenten wie SUVs oder Gelände- und Sportwagen sehen – und die Zukunft der Förderung von E-Autos steht auf wackligen Füßen.

Wer ein Hochpreis–Auto teuer verkaufen kann, streicht gegenüber kleineren Autos meist mehr Gewinn ein. Denn die Produktionskosten steigen – bezogen auf die Kleinen – nicht im selben Maß wie der Endpreis. Diese betriebswirtschaftliche Regel ist simpel. Sie könnte aber dazu führen, dass das Angebot an Stadtflitzern und Kurzstreckenwagen weiter geschmälert wird, weil große Autos renditestärker sind. Die Ertragsmargen – also der Anteil des Umsatzes, der in der Kasse bleibt – sind bei vielen marktreifen SUVs, Limousinen oder Oberklassemodellen attraktiver.

Mit den Kleinen verdienen Hersteller nur dann gut, wenn diese sehr hohe Absatzzahlen erreichen. Die Zahl angebotener Baureihen schrumpft. Bei den Minis halbierte sie sich auf dem deutschen Markt binnen eines Jahrzehnts von 24 auf 12. Autos wie der Ford Ka, Opel Adam oder Citroën C1 liefen aus. Das trifft auch diejenigen Kleinstwagen-Baureihen, die mit Verbrennern unterwegs sind – die Zeitschrift Auto Straßenverkehr zählte hier von 2017 bis 2022 einen Rückgang von 17 auf 8.

Das Fachblatt weist darauf hin, dass abgesehen von VW nun alle anderen Kleinwagen etwa mit Fiat, Renault, Hyundai/Kia, Toyota oder Suzuki aus dem Ausland kommen. Zuletzt war auch der VW Up nicht mehr als Verbrenner zu bestellen. Im Konfigurator erschien nur noch dessen E-Variante (Test) – wie lange sie dort bleibt, gilt nach früheren Bestellstopps als unsicher. Die Situation werde wohl "ähnlich knapp wie im letzten Jahr", heißt es aus Wolfsburg. Die Wartezeiten waren wegen der Chipkrise so lang geworden, dass der kleinste Stromer zeitweise aus dem Programm fiel.

Auch andere Anbieter tun sich schwer. Bei BMW kam der kompakte E-Pionier i3 schon 2013 auf den Markt, wurde aber wenig nachgefragt. Erst Anfang 2020 legte der Konzern mit dem elektrischen Mini (Test) und vor wenigen Monaten mit dem BMW iX1 nach – einem Klein-SUV. Bei Renault sieht Chef Luca de Meo für den Twingo keine direkte Fortsetzung. Und Ford Deutschland stellt die Produktion des Fiestas in Köln vorzeitig ein.

"Die SUVisierung ist weltweit erkennbar", sagt Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach. "In der Oberklasse bleibt der Verkaufstrend stark – die Marktanteile dürften sich weiter von unten nach oben verschieben." Kollege Benedikt Maier vom Institut für Automobilwirtschaft in Geislingen erklärt: "In Zeiten von Rohstoffengpässen ist es eine logische unternehmerische Entscheidung, in erster Linie die margenstarken Produkte zu bringen."