IAA Mobility 2023: Impressionen von der Open Space ​

Ist das IAA-Konzept mit der Einbeziehung der Innenstadt gescheitert oder eine coole Idee, sie für die Autoausstellung in Szene zu setzen?​ Ein Rundgang.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 6 Kommentare lesen
Mercedes cla

(Bild: Lorenz)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Christian Lorenz
Inhaltsverzeichnis

Beim Wittelsbacherplatz stieß ich auf die erste IAA-bedingte Menschenmenge. Porsche und Audi haben ihre Messehallen dort errichtet. Besonders prägte die Porsche-Architektur das Bild, die die Front eines hölzernen 911 darstellte. Ganz vorn stand ein hinreißender, roter Ur-911 aus den 1960er-Jahren. Daneben wirkte der Audi-Auftritt humorlos streng, rein schwarz-weiß - sicherlich auf seine Art modern, aber auch weniger attraktiv. Insgesamt zeigte sich hier aber schon, dass der klassizistische Platz und die Messearchitektur sich gegenseitig befruchten. Die IAA in München hat eine edle Komponente.

Dieser Eindruck verfestigte sich in den Höfen der Residenz. Zunächst präsentiert sich dort Cupra, der sportliche Seat-Ableger, im Kaiserhof als eine gelegentlich grell flackernde dystopische Glitzerhöhle, die zu den insektenartig-aggressiven Sportmodellen der Marke passt. Die durchscheinenden Fassaden aus dem 17. Jahrhundert schaffen dazu an diesem Sommertag einen belebenden Kontrast. Im Apothekenhof hat Mercedes einen riesigen roten Kubus hingesetzt, in dem mit geballter Lichtshow und intensiver Beschallung einem das Messehighlight Concept CLA Class entgegengefeuert wird. Drumherum stehen die Mercedes-Exponate appetitlich angemacht auf rotem Boden.

IAA 2023 Open Space Impressionen Teil 1 (12 Bilder)

Der Countdown läuft: Schon vor der offiziellen Eröffnung der IAA 2023 bildet sich vor dem Porsche-Messestand am Wittelsbacherplatz eine mehr oder weniger illustre Menschenmenge. Die klassizistischen Fassaden bei Kaiserwetter setzen den, an sich schon imposanten, Porschestand noch einmal beeindruckender in Szene. München belebt mit seiner Strahlkraft den Auftritt der Messe. (Bild: Lorenz)

Den Max-Joseph-Platz vor der Oper hat sich BMW reserviert. Das ist insofern passend, als hier vor über 60 Jahren die "Neue Klasse" präsentiert wurde. Das war damals der BMW[ ]1500, der lang ersehnte Mittelwagen, der der Marke nach einer existenziellen Krise das wirtschaftliche Überleben sichern sollte und, wie wir heute wissen, auch tat. Heute steht der BMW-Auftritt an gleicher Stelle auch im Zeichen der neuen "Vision Neue Klasse" einer Studie, die einen Ausblick auf den kommenden elektrischen Dreier gibt.

Den Antriebsstrang für den neuen Mini Cooper hat BMW gleich bei den Chinesen von Great Wall Motors eingekauft. Real wirken der neue rein elektrische Mini Cooper ebenso wie der neue Countryman sehr gelungen. Die Studie Aceman erscheint wie ein besonders sehniger und sportlicher Viertürer in Countryman-Größe, der durchaus Begehrlichkeiten wecken kann. Die Ludwigsstraße wird von den Auftritten von Volkswagen und Renault dominiert. Dazwischen ist der chinesische Hersteller BYD etwas eingepfercht, zwischen Zulieferen wie Bosch und Webasto.

Bei Ford auf dem Königsplatz steht der neue elektrische Explorer im Mittelpunkt. Interessant, wenn auch bescheidener im Auftritt, sind die beiden chinesischen Hersteller XPeng oder Avatr, die elektrische Oberklassefahrzeuge mit beeindruckenden Werten vorstellen. Auch der kroatische Sportwagenhersteller Rimac hat hier seinen Stand. Am meisten gefallen hat mir aber am Odeonsplatz die große Bühne mit chilliger Livemusik und einem gemütlichen Bereich mit Liegestühlen zum Verweilen. Auf dem Marienplatz gibt es auch eine große Bühne für Veranstaltungen und eine schöne Auswahl an Foodtrucks für das leibliche Wohl.

Mein subjektiver Eindruck von der Open Stage ist ein zwiegespaltener. Einerseits finde ich es toll und auch wirklich gut gemacht, wie sich hier die großen Automobilunternehmen präsentieren. Ich finde es aber schade, dass die Fahrradhersteller alle an einem Platz in der Hofgartenstraße zusammengerdrängt sind. Gerade auf Ludwigstraße und Königsplatz hätte ich es gut gefunden, wenn auch ein attraktiver Stand eines E-Bike-Herstellers zu sehen wäre. Denn jemand, der sich nicht bewusst auf den Fahrradbereich begibt, kann in keiner Weise von Fahrradherstellern erreicht werden.

Zweifel habe ich auch, ob die Trennung zwischen dem Messegelände in Riem für die Geschäftskunden einerseits und die Publikumsmesse in der Innenstadt andererseits ein zukunftsfähiges Modell sein kann. Das muss zwar nicht mein Problem sein, aber ich frage mich, ob sich die Messe für Veranstalter und Hersteller auf diese Art und Weise lohnt. In Riem selbst wird wohl nach dem Pressetag noch kaum etwas los sein.

IAA 2023 Open Space Impressionen Teil 2 (12 Bilder)

BMW hat auf dem Max-Joseph-Platz vor der Oper eine kleine zweite BMW-Welt aufgebaut.
(Bild: Lorenz)

Die Münchner Innenstadt und eine attraktive Messe für Mobilität passt für mich gut zusammen. Ich hatte einen interessanten Tag und viele Besucher können niederschwellig interessante Einblicke und eine kleine Leistungsschau der Automobilbranche erleben. Auch dass immer mehr, vor allem chinesische Elektroautohersteller hier zu sehen, zu fühlen und zu erfahren sind, finde ich sehr gut. Das ist ein Mehrwert für den Verbraucher. Mit dem Zusatz Mobility funktioniert es aber in meinen Augen nicht so ganz. Dafür sind die Stände der Fahrradhersteller sind in meinen Augen zu wenig und zu gedrängt. Man kann sie zu leicht ignorieren oder einfach übersehen.

Jedenfalls würde ich mich freuen, wenn die IAA Mobility übernächstes Jahr auch wieder nach München kommen würde. Allerdings habe ich wenig Hoffnung, dass sich das in dieser Form weiterhin durchsetzen und wirtschaftlich betreiben lässt. Zum einen nimmt die Aufmerksamkeit, die ein Automobilhersteller durch einen Messeauftritt erreicht, immer mehr ab. Die Kosten sind im Gegenzug aber sehr, sehr hoch. Deshalb denke ich, dass den Autoherstellern zumindest der Auftritt in Riem einfach zu wenig bringt und dafür zu viel kostet.

Elementar für eine Automobilmesse ist zudem, dass sie einen Querschnitt über den Markt zeigen kann. In dieser Hinsicht hat die IAA Mobility 2023 einen neuen Tiefpunkt erreicht. Keiner der großen japanischen Hersteller, kein italienischer ist vertreten, Stellantis hat nur einen kümmerlichen Opel-Auftritt möglich gemacht. Für die Fahrradhersteller ist die IAA Mobility auch kein attraktiver Standort. Deren Leitmesse ist die Eurobike und aus den genannten Gründen befinden sie sich auf der IAA Mobility nicht in einer Schmuddelecke, aber in einer eigenen Nische mit weniger Aufmerksamkeit. Als Freund von München und des Automobils wünsche ich mir aber trotzdem, dass solche Events wie in den Residenzhöfen, auf dem Wittelsbacherplatz und vor der Oper doch dem ein oder anderen Hersteller auch in Zukunft noch das viele Geld wert sind. Denn das ist einfach gut gemacht.

(chlo)