Kawasakis Grüne Revolution: Motorräder mit Wasserstoff- und Elektroantrieb

Kawasaki strebt nach Klimaneutralität und kündigt zwei E-Bikes für 2023, ein Mild-Hybrid-Motorrad für 2024 und eine Ninja H2 mit Wasserstoff-Vierzylinder an.

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(Bild: Kawasaki)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Ingo Gach
Inhaltsverzeichnis

Es gab Leute, die sich vom Kawasaki-Stand auf der Intermot und der Eicma enttäuscht zeigten, denn dort standen als fertige neue Modelle "nur" zwei Elektromotorräder: die Z EV und die Ninja EV. Sie sahen aus wie Kopien der Z 400 und der Ninja 400 (Test), nur ohne Verbrennungsmotor. Wobei man die Ninja selbst bei genauem Hinsehen erst durch den fehlenden Auspuff als Elektromotorrad erkannte, denn der Akku versteckte sich hinter der Vollverkleidung.

Doch was von vielen nicht wirklich gewürdigt wurde, ist der Beginn einer Revolution bei Kawasaki. Farblich war Kawasaki schon immer die "grüne Marke", jetzt will sie es auch inhaltlich werden. Ausgerechnet der Hersteller, der immer Wert auf seine extrem starken Verbrennungsmotoren legte, will sich nun in dieser Richtung profilieren.

Auf der Messe in Mailand präsentierte Hiroshi Ito, Präsident der Kawasaki Motors Corporation, die beiden neuen Elektromotorräder und enthüllte ein Icon als Symbol für die Initiative "Go with Green Power". Die Zukunftsstrategie der Marke sieht Klimaneutralität vor, gleichzeitig betonte er, dass Kawasaki am Verbrennungsmotor festhalten wolle. Kawasaki entwickelt ein Motorrad mit Wasserstoffantrieb. Ito kündigte bis zu 30 neue Modelle mit Verbrennungsmotor in den nächsten zwei Jahren an. Die Hälfte davon würden für den europäischen Markt mit seinen strengen Normen entwickelt.

Kawasaki Elektro-/Hybrid- und Wasserstoffmotorräder (8 Bilder)

Auf der Intermot in Köln wurde die Kawasaki Z EV vorgestellt, Kawasakis erstes Elektromotorrad.

Doch zurück zu den beiden neuen Elektromotorrädern. Sowohl das Naked Bike als auch der Sportler basieren auf derselben Technik. Sie verfügen jeweils über zwei Akkus, die rasch entnommen werden können. Wenn einer der beiden Akkus leer ist, wird auf den anderen umgeschaltet, im Grunde so etwas wie eine Reservewarnung. Der leere Akku kann dann entweder getauscht oder aufgeladen werden. Kawasaki gehört wie die anderen drei japanischen Hersteller sowie KTM und Piaggio einem Konsortium an, das sich auf einheitliche Batterien geeinigt hat, um einen schnellen Akkutausch zu ermöglichen. So sollen die Roller und Motorräder quasi in Sekunden "aufgetankt" werden können.

Kawasaki hält sich mit genaueren technischen Daten der beiden Motorräder noch zurück, doch immerhin ist bekannt, dass die Batterien insgesamt 3 kWh speichern, und dass jede 12 kg wiegen soll. Da die Z EV und Ninja EV in der EU mit dem Führerschein A1 gefahren werden dürfen, kann ihr Elektromotor maximal 11 kW Leistung haben. Die Reichweite der beiden Bikes dürfte überschaubar sein, mit insgesamt 3 kWh werden sie wohl deutlich unter 100 km bleiben.

Da die restlichen Komponenten der Motorräder bereits aus ihren Pendants mit Verbrennungsmotor bekannt sind, dürften Fahrwerk und Bremsen auf hohem Niveau arbeiten. Über die Preise ist noch nichts bekannt, doch das wird sich bald ändern, denn Ito kündigte an, dass die zwei neuen Elektromotorräder schon 2023 auf den Markt kommen.

Aber sie sind nur die Vorreiter einer neuen Welle: Auf der Eicma wurde zudem die HEV präsentiert. Dass Kawasaki ein Hybrid-Motorrad entwickelt, hatte die Marke schon vor über drei Jahren bekannt gegeben. Im vergangenen Sommer fuhr ohne Vorankündigung beim prestigeträchtigen Langstreckenrennen von Suzuka in Japan vor dem Start ein fast fertiger Prototyp der HEV publikumswirksam eine Runde über die Strecke. In Mailand konnte dann die Öffentlichkeit die HEV auf der Messe anschauen.

Sie ähnelt sehr der Ninja 650, nur wirkt sie optisch langgestreckter. Ob der Verbrennungsmotor des Sportlers wirklich der altbekannte 650er-Reihentwin mit 68 PS ist, hat Kawasaki noch nicht bestätigt. Bekannt ist hingegen, dass das Mild-Hybrid-System mit einem 48 Volt starken Starter-Generator arbeitet, der direkt auf das Getriebe wirkt. Die Batterie kann nicht extern geladen werden, das übernimmt der Verbrennungsmotor. Naheliegend wäre auch Rekuperation, doch dazu gibt es noch keine Informationen. Der Verbrenner wiederum erhält im "Boost-Mode", der über einen Knopf am rechten Lenker aktiviert wird, vom E-Motor bei Bedarf einen gehörigen Schub.

Kawasaki verbaut eine Halbautomatik in der HEV mit einem Umschalter am linken Lenkerende, entsprechend entfallen Kupplungshebel und Fußschalthebel. Vermutlich lassen sich per Knopfdruck die Gänge manuell hoch- und runterschalten. Zusätzlich hat Kawasaki einen "Walk"-Knopf verbaut, der wohl sehr langsames Fahren – etwa beim Rangieren – allein mit Elektroantrieb zulässt. Wie viel Kraft die HEV entwickelt ist ebenso noch unbekannt wie der Preis. Kawasaki verspricht eine Markteinführung für 2024.

Kawasaki Elektro-/Hybrid- und Wasserstoffmotorräder (7 Bilder)

Die HEV mit Hybridmotor hat Kawasaki schon vor Jahren angekündigt, jetzt ist der wohl weitgehend serienreife Prototyp auf der Eicma zu bewundern gewesen.

Kawasaki arbeitet zudem an einem Motorrad mit Wasserstoffantrieb. Auf der Eicma präsentierte der Hersteller das Hydrogen-Motorrad auf Basis der Ninja H2. In diesem Fall bezieht sich der Name H2 nicht auf Wasserstoff, sondern auf das legendäre Zweitakt-Motorrad 750 H2 aus den frühen 1970er-Jahren.

Der Reihenvierzylindermotor mit Kompressoraufladung in dem Hydrogen-Prototyp verfügt über eine Direkteinblasung von gasförmigen Wasserstoff. Äußerlich sieht das Motorrad aus wie eine normale Ninja H2, bis auf einen bemerkenswerten Unterschied: Die vermeintlichen Koffer dienen nicht zur Aufnahme von Gepäck, sondern bunkern den unter hohem Druck stehenden Wasserstoff. Wann das Hydrogen-Motorrad marktreif ist, vermag Kawasaki noch nicht zu sagen.

Kawasaki entwickelt zusammen mit Yamaha, Toyota, Mazda und Subaru CO₂-neutrale Kraftstoffe und sucht nach Lösungen für die Speicherung flüssigen Wasserstoffs. Während die drei Autohersteller zurzeit noch mehr an synthetischen Kraftstoffen und Kraftstoffen aus Biomasse forschen, kooperiert Kawasaki beim Wasserstoff-Motorrad mit dem Konkurrenten Yamaha. Das deutet an, wie komplex und teuer die Entwicklung vermutlich ist.

Schon seit etlichen Jahren arbeitet Kawasaki nicht nur an der Herstellung von Wasserstoff, sondern auch an dessen Transport. Erste Versuche mit der Verschiffung von in Australien produziertem, flüssigen Wasserstoff, der bei minus 253 Grad Celsius gelagert werden muss, verliefen vielversprechend, wobei das sicher nicht für die Energiebilanz insgesamt gilt. Kawasakis Ursprünge liegen im Reederei-Geschäft. Bis heute stellt die Marke riesige Tanker her.

(fpi)