"Missing Link": Voyagers Botschaft für die (Außer)Irdischen

Seite 3: Hoffnung in schwierigen Zeiten

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Zusätzlich zu den Botschaften von Studenten und Mitarbeitern der Cornell University beziehungsweise deren Bekannten, kommen zwei Texte von offiziellen Vertretern menschlicher Gemeinschaften. So erklärt UN-Generalsekretär Waldheim auf der Platte, dass sich die Menschheit aus dem Sonnensystem ins Universum aufmache in der Suche nach Frieden und Freundschaft, um zu lehren, wenn darum gebeten werde und zu lernen, wenn wir Glück haben. Jimmy Carter ergänzt, "Wir versuchen, unser Zeitalter zu überleben, um so bis in Eure Zeit hinein leben zu dürfen." In den krisenhaften 1970ern verbreiten die beiden hier also eine Hoffnung, die angesichts blutiger Kriege und wirtschaftlicher Krisen nicht jeder teilte.

"Freunde des Alls, wie geht es euch? Habt ihr schon gegessen? Besucht uns, wenn ihr Zeit habt."
("太空朋友,恁好!恁食飽未?有閒著來阮遮坐喔。" – Amoy)

Angesichts dieser historischen Umstände ist das von der Menschheit gezeichnete Bild sicher übertrieben positiv oder vielleicht sogar gelogen. So zeigen die Bilder glückliche Menschen, eine stillende Mutter, erfolgreiche Sportler, paradiesische Inseln, reichhaltiges Essen und wissenschaftliche Erfolge. Nicht zu sehen sind Kriege, zerstörte Umwelt, Katastrophen und Leid. Doch diese damals durchaus geäußerte Kritik verkennt die doppelte Natur der Botschaft, die auch die Menschheit daran erinnern soll, wer sie sein will. Wir wollen den Weltraum erkunden, aber eben auch als globale Gemeinschaft in Frieden leben. Das ist diese Botschaft aus einer zumindest im Rückblick weniger zynischen Zeit. Die Macher wussten, dass Voyager als fernster Bote auch auf der Erde nicht aus dem Gedächtnis verschwinden würde – ganz so wie ihre Botschaft, die an veraltete Science-Fiction erinnert.

Voyager 2 am Neptun (7 Bilder)

Diese Aufnahme sandte Voyager 2 im Sommer 1989 zur Erde.
(Bild: NASA)

Wie Recht sie damit hatten, zeigt sich an den unzähligen kulturellen Rückgriffen auf die beiden Sonden. Am berühmtesten ist zweifellos der Auftritt der fiktiven Sonde "Voyager 6" in "Star Trek: Der Film" aus dem Jahr 1980. Als V'Ger kehrt die darin zur Erde zurück, nachdem sie ihren Auftrag erfüllt sieht, das Wissen des Universums zu sammeln. Die Macher haben die Geschichte der NASA-Sonden also weitergedacht und gingen davon aus, dass bald nicht nur Botschafter, sondern auch Sammler ausgeschickt werden könnten, die irgendwann sogar einmal zurückkehren. Die Realität ist eine andere: Die inzwischen ebenfalls das Sonnensystem verlassende Pluto-Sonde New Horizons hat nicht einmal mehr eine Botschaft für Aliens an Bord.

"Hallo an die Bewohner ferner Himmel."
("درود بر ساکنین ماورای آسمان‌ها" – Persisch)

"Missing Link"

Was fehlt: In der rapiden Technikwelt häufig die Zeit, die vielen News und Hintergründe neu zu sortieren. Am Wochenende wollen wir sie uns nehmen, die Seitenwege abseits des Aktuellen verfolgen, andere Blickwinkel probieren und Zwischentöne hörbar machen.

Der mit den Voyager-Sonden verbundene Optimismus auf eine bessere Zukunft scheint inzwischen verloren. Die Zukunftsvisionen sind düster geworden, die Wissenschaft findet dank vieler Fortschritte zwar ein vielgestaltiges Universum voller Welten vor, aber bislang sieht es trotzdem nicht danach aus, als würde da draußen tatsächlich jemand auf die Menschheit warten. Auch der Aufbruch zu den Sternen lässt auf sich warten; derzeit ist nicht einmal sicher, ob Menschen in absehbarer Zukunft noch einmal den Mond erreichen beziehungsweise ihn erstmals hinter sich lassen. Auf der Erde sind die Menschen derweil mindestens genauso sehr mit sich selbst beschäftigt wie zur Zeit der Voyager-Starts.

Auch deswegen sind die Golden Records 40 Jahre nach ihrem Aufbruch vielleicht wichtiger als je zuvor. Sie erinnern an die Hoffnungen des vergangenen Jahrhunderts und verpflichten auf sie. Zwar werden die beiden Sonden noch Jahrzehntausende brauchen, um überhaupt nur in die Nähe des nächsten Sterns zu kommen. Aber wenn unsere Nachfahren dann noch leben sollen, um von möglichen Empfängern der Botschaft zu erfahren, dann sollten wir nun schon unseren Teil erledigen. Sollten wir das nicht schaffen, bleibt lediglich die Gewissheit, dass Menschen Botschaften verschickt haben, die noch in fernster Zukunft von der Erde künden werden.

"Geht es euch gut?"
("
နေကောင်းပါသလား" – Birmanisch)

(mho)