Regulierer: Telekom geht beim Glasfaser-Überbau tendenziell aggressiver vor

Die Bundesnetzagentur hat den lange erwarteten Bericht zum Glasfaser-Doppelausbau veröffentlicht. Die Telekom konzentriert sich stark auf lukrative Kerngebiete.

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Baustelle eines Neubaugebiets in Barsinghausen bei Hannover, im Vordergrund ein kleiner Bagger und eine Rolle Glasfaserkabel.

Vor allem in Neubaugebieten ist das Verlegen von Glasfasern lukrativ.

(Bild: juerginho/Shutterstock.com)

Update
Lesezeit: 4 Min.

Ein erster Bericht der im Juli 2023 vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) und der Bundesnetzagentur eingerichteten Stelle zur Beobachtung potenziellen doppelten Glasfaserausbaus nährt Vorwürfe von Wettbewerbern der Deutschen Telekom, wonach sich vor allem der Platzhirsch Rosinen herauspickt und gerade in ländlichen Regionen nur Häuser mit schnellem Netz versorgt, deren Erschließung nicht allzu teuer ist. Denn zu den Ergebnissen der Untersuchung gehört, dass die Telekom − verglichen mit anderen doppelt ausbauenden Netzbetreibern – häufiger nur gewinnbringende Gegenden erschließt und kurzfristig auf den Vertriebsstart eines zuerst aktiven Konkurrenten reagiert.

Die Regulierungsbehörde bezeichnet die knapp 40-seitige Analyse als Zwischenbericht, auf dessen Basis eine "fundierte wettbewerbliche Bewertung" des Phänomens des Überbaus bislang nicht möglich sei. Zugrunde liegen 427 Fälle, die Marktakteure bis einschließlich 1. März an die Monitoringstelle übermittelten. Sie umfassen sowohl bereits erfolgte als auch bisher nur angekündigte Doppelausbauvorhaben. Rein zahlenmäßig halten sich die Fälle, in denen einerseits die Telekom und andererseits ihre Wettbewerber als das doppelt ausbauende Unternehmen bezeichnet worden sind, in etwa die Waage. Aufgrund der enthaltenen Schilderungen sind den Regulierungsexperten aber "in der Tendenz" Muster aufgefallen, die den Marktführer nicht so gut dastehen lassen.

Um den Glasfaserausbau geht es auch in der aktuellen Episode des c't-Podcast Vorsicht, Kunde!

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So hat die Netzagentur in etwas mehr als der Hälfte der "Telekom-Fälle", in denen der Bonner Konzern als zweites Unternehmen dazukommt, Anzeichen "für den Ausbau nur lukrativer Kerngebiete" ausgemacht. In Wettbewerber-Fällen sei ein solches Verhalten dagegen "nur sehr selten zu identifizieren". In etwa ebenso häufig reagiere die Telekom kurzfristig auf den Vertriebsstart eines erstausbauenden Konkurrenten, während dies auf der anderen Seite "in deutlich geringerem Umfang erkennbar" sei. Anhaltspunkte dafür, dass ein Projekt angekündigt, anschließend aber nicht weiterverfolgt oder umgesetzt wird, konnten die Prüfer in beiden Konstellationen kaum erkennen. Hinweise auf einen Rückzug des erstausbauenden Unternehmens als Reaktion auf ein später bekannt gegebenes Vorhaben der Telekom könnten bisher in 20 Prozent der betreffenden Fälle identifiziert werden.

Inwieweit der Magenta-Konzern seine Marktstellung derzeit tatsächlich missbräuchlich ausnutzt, um erstausbauende Wettbewerber gezielt zu verdrängen, lässt sich dem Regulierer zufolge bisher nicht beurteilen. Die bisherigen Befunde erlaubten "keine belastbaren Rückschlüsse hinsichtlich der bestimmten Aktivitäten" gegebenenfalls zugrundeliegenden Motive und Strategien. Gleichwohl gäben die Erkenntnisse "Anlass für weitergehende Beobachtungen des Marktes und für vertiefende Untersuchungen". Die Behörde hat daher nun als vorbelastet geltende Netzbetreiber angeschrieben, um "vertiefende Informationen einzuholen". Dabei gehe es um Entscheidungen der Unternehmen zum Ausbau und zu ihrer Bereitschaft, verstärkt miteinander zu kooperieren und Open-Access-Vereinbarungen zu erzielen. Die Rückmeldungen werde man "ergebnisoffen analysieren" und erneut berichten.

Die Wettbewerberverbände Anga, Breko und VATM hatten sich erst Ende März bei der Bundesregierung beschwert, dass die Netzagentur die Publikation des Berichts und so auch "konsequentes Handeln" verzögere. Eine "klare Absage an einen strategisch destruktiven Überbau" sei überfällig. "Unsere Wettbewerber versuchen offenbar mit allen Mitteln, Druck auf eine unabhängige Behörde auszuüben", konterte die Telekom. Man habe dem Regulierer selbst 200 Überbau-Fälle gemeldet. Für Anga-Geschäftsführerin Andrea Huber belegen die Ergebnisse nun, "dass dringender Handlungsbedarf mit Blick auf den Doppelausbau von Glasfasernetzen durch die Deutsche Telekom besteht". Deren Verhalten schade dem Telekommunikationsmarkt nachhaltig und erfordere sofortige Maßnahmen. Die Ansage der Netzagentur, zunächst weiter forschen zu wollen, sei daher "irritierend".

Update

Für die Telekom fallen mit dem Bericht die Überbau-Vorwürfe "zusammen wie ein Kartenhaus". Bisher sei keinem Unternehmen ein strategisches eingesetztes Fehlverhalten nachweisbar. Die ausgemachten Fallzahlen seien angesichts von 11.000 Kommunen in Deutschland niedrig, zudem werde in der Hälfte der Fälle die Telekom überbaut. Selbst betreibe man "Netzausbau, keinen Überbau". Die Lobbyverbände der Wettbewerber sollten daher ihre Kampagne einstellen und aufhören, den Glasfaserausbau weiter zu diskreditieren. Es gelte, "gemeinsam über Möglichkeiten sprechen, die Ausbaukosten in Deutschland für alle Unternehmen zu senken".

(nie)