openSUSE Leap 15.4: Mehr SLE-Kompatibilität und neue Mini-Distribution

Seite 2: Updates auch für Server

Inhaltsverzeichnis

Neuerungen ergeben sich indes auch für jene Nutzer, die openSUSE Leap auf Servern nutzen. Den ohnehin eingeschlagenen Container-first-Weg beschreitet der Hersteller konsequent weiter und legt der neuen Version die Container-Laufzeitumgebung Podman in der – schon etwas angestaubten – Version 3.4.2 bei. Systemd liegt nun in der Version 249 vor und erfährt mithin ein deutliches Update. Besitzer von Dell-PowerEdge-Servern freuen sich über die Integration des kleinen Werkzeugs "sassist", mit dem sich diverse Vitalwerte dieser Maschinen auslesen lassen. Weil "sassist" auch auf eine eventuell vorhandene iDRAC-Schnittstelle zugreifen kann, lässt sich die Systemkonfiguration zudem anpassen und verändern.

Versions-Wartung betreibt der Hersteller zudem auch bei Servern. Klassische Skriptsprachen wie PHP (8.1.0), Go (1.17) oder Rust kommen ebenso aktualisiert daher wie die auf Servern häufig anzutreffenden Standardapplikationen, etwa Apache, MariaDB oder Nginx. Auch auf Servern unterstützt der Anbieter in-place-Updates ausdrücklich, sodass Administratoren sich zumindest in der Theorie keine Sorgen um ihre Systeme zu machen brauchen – ein etwaiger Testlauf schadet aber freilich nicht.

In Leap 15.4 heißt es jedoch auch Abschied nehmen: OpenLDAP, bis vor einigen Jahren der unangefochtene Standard-LDAP-Server für Linux-Systeme, weicht dem 389 Directory Server des Fedora Projektes als Standard-LDAP-Server. Der 389 Directory Server ist durchaus kein Unbekannter, sondern leistet als zentrale Komponente von FreeIPA seit Jahren gute Dienste und hat sich in mancherlei Hinsicht als vielseitiger und flexibler entpuppt als das alteingesessene OpenLDAP. Jenes liegt Leap 15.4 weiterhin bei, ist allerdings als "deprecated" ebenso wie Python 2 markiert und dürfte in einer der nächsten Leap-Versionen den Weg ins SUSE-Nirvana antreten. Administratoren tun insofern gut daran, sich mit einer möglichen Migration bereits jetzt auseinanderzusetzen.

Zu den eher unscheinbaren Einträgen im Changelog, die allerdings mächtige Wirkung entfalten dürften, zählt obendrein eine neue Micro-Distribution auf Basis von openSUSE Leap 15.4 namens "Leap Micro 15.4". SUSE hat an der Distribution bereits seit einiger Zeit intern gearbeitet und gibt sie nun erstmals für die Öffentlichkeit frei. Offiziell richtet sich "Leap Micro" an experimentierfreudige Administratoren, die auf der Suche nach einer möglichst reduzierten Basis-Distribution sind, die allerdings eine Laufzeitumgebung für Container mitbringt.

Denn genau das ist Leap Micro: Anders als klassische Linux-Systeme kommt Leap Micro mit automatischen Patches daher, hat allerdings ein extrem schlankes Grundsystem und bietet Features wie das Zurückrollen einzelner Änderungen über Snapshots. SUSE folgt damit einem Trend, der sich in der Welt der Linux-Distributoren kontinuierlich ausbreitet, seit Container dank Docker und später Podman salonfähig geworden sind: Wenn ein System bloß noch Container betreiben soll, ist für viele klassische Komponenten der Gegenwart kein Bedarf mehr gegeben. Die klassische Paketverwaltung auf Basis von RPM-Paketen wird etwa weitgehend überflüssig, wenn MariaDB sich genau so als fertiger Container installieren lässt.

Ein Schelm, wer böses dabei denkt -- erlaubt es dieses Vorgehen doch, einen Teil der Wartungsarbeit auf die Anbieter von Software abzuwälzen. Denn wo Red Hat, SUSE & Co. bisher eigene Pakete für etliche Versionen der eigenen Distributionen pflegen musste, kann künftig ein kanonischer Container direkt vom Hersteller der Pakete zum Einsatz kommen – dass die Anbieter sich die Chance entgehen lassen werden, das einzufordern, ist zumindest unwahrscheinlich.

Gut möglich ist es insofern, dass openSUSE Leap 15.4 ein kleiner Ausblick auf die Art und Weise ist, wie SUSE sein Portfolio künftig gestalten will. Die Micro-Distribution, von der es in Form von SLE Micro auch ein Enterprise-Pendant gibt, ist dann so etwas wie der Nukleus der gesamten Produktpalette, der für die einzelnen Produkte bloß noch um nachladbare Container zu erweitern ist. Dass SUSE mit dieser Strategie komplett auf dem Holzweg wäre, ist jedenfalls unwahrscheinlich, verfolgen Red Hat und Canonical für ihre Distributionen mittlerweile doch ganz ähnliche Ziele.

openSUSE Leap 15.4 kommt zwar mit deutlich mehr Updates daher, als es in openSUSE Leap 15.3 der Fall war – vor allzu fiesen Überraschungen brauchen Administratoren sich aber weder auf Desktops noch auf Servern zu fürchten. Images für die Neuinstallation stehen auf der Download-Seite von openSUSE zur Verfügung; wer bereits mit Leap 15.3 arbeitet, installiert die ausstehenden Updates über seine Paketverwaltung. Der Support für die bisherige Leap-Version 15.3 endet in exakt sechs Monaten – allzu lange sollte man das Update insofern nicht aufschieben.

Aktuelle Linux/Unix-Versionen

Der aktuelle Stand der wichtigsten Unix- und Linux-Distributionen:

(dmk)