Elektroautos: Aussicht auf mehr – Nio ET7​ im ersten Fahrbericht

Mit dem komfortablen ET7 bietet Nio eine große Limousine mit guter Reichweite und Aussicht auf baldige Steigerung. Sie ist zudem gerüstet fürs Autonome Fahren.

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Nio ET7
Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Wolfgang Gomoll
Inhaltsverzeichnis

Mit 5,10 Metern Länge ist der Nio ET7 ein mächtiges Vehikel, obwohl sein Design mit den schmalen LED-Schlitzen vorn, der coupéhaften Silhouette sowie dem schmalen Lichtband hinten die Größe immerhin ganz gut kaschiert. Nicht nur die Dimensionen zeigen, dass Nio mit seinem neuesten Elektroauto Konkurrenten wie Porsche Taycan (Test), Audi e-tron (Test), BMW i7 oder Mercedes EQS ins Visier nimmt. Das komfortable Auto bietet auch eine gute Reichweite mit der Aussicht auf baldige Steigerung und der Option auf Batterietausch anstelle der Schnelladung. Darüber hinaus ist es bereits gerüstet für autonome Fahraufgaben.

Die auffälligen Gehäuse am vorderen Dachrand beherbergen Sensoren für das autonome Fahren. Insgesamt 33 Stück hat der ET7, darunter einen LIDAR, elf Kameras (darunter sieben 8-Megapixel-Kameras), fünf Millimeterwellen-Radars und zwölf Ultraschallsensoren. Bereits heute übernimmt der Autobahnassistent bis maximal 60 km/h das Steuer. "Wir haben schon den nächsten Schritt im Visier", sagt der Entwicklungsleiter fürs Autonome Fahren, Mirko Reuter, der dieses Thema vorher bei Audi bearbeitet hat.

Die nächste Stufe des automatisieren Fahren mit seinen nach UN-Regelung Nr. 157 "vereinheitlichen Bedingungen für automatische Spurhalteassistenzsysteme" ("ALKS”) soll autonomes Fahren bis 130 km/h und selbsttätigen Spurwechsel ermöglichen. Heute bereits aktiv sind ein adaptiver Tempomat, ein Spurhalteassistent und ein Querverkehrswarner.

Fahrbericht Nio ET7 (6 Bilder)

Mit 5101 mm Länge, 1987 mm Breite und 1509 mm Höhe gehört der ET7 zu den großen Limousinen.

Wir haben uns für einen Nio ET7 mit der kleineren 75-kWh-Batterie entschieden, die laut Nio eine Reichweite von 385 bis 445 km ermöglicht. Bei uns zeigte das Display einen Ladezustand von 88 Prozent und 393 Kilometer an. Wer sich für den 100 kWh-Akku entscheidet, kommt laut WLTP zwischen 505 und 580 Kilometer weit. Da macht sich offenbar auch die Aerodynamik mit ihrem sehr guten cW-Wert von 0,208 positiv bemerkbar. Nio hatte eigentlich schon für Ende des Jahres beim ET7 eine Feststoffzellenbatterie angekündigt. Der Nio-Gründer William Li bestätigt, dass im ersten Quartal des nächsten Jahres der ET7 eine Semi-Feststoffzellenbatterie mit einem Energiegehalt von 150 kWh bekommen soll, bei der sowohl flüssige als auch feste Substanzen enthalten sind.

Mögen die automatischen Türöffner, bei denen man die Hand zwischen Karosserie und den ausgefahrenen Griff steckt, noch eine Verspieltheit sein, schießen die Nio-Infotainment-Experten im Bestreben, wie Tesla möglichst alle Knöpfe aus dem Cockpit zu verbannen, bisweilen über das Ziel hinaus. Denn die Menüs sind oft zu verschachtelt. Dass man die Außenspiegel sowie das Volant über den 12,8 Zoll großen Touchscreen in Zusammenspiel mit Lenkradtasten verstellen kann, ist zumindest gewöhnungsbedürftig. Hier fehlt es noch am Feinschliff. Auch das putzige Kugel-Tamagotchi quasselt viel auf Englisch und hebt beim Überschreiten der erlaubten Geschwindigkeit mahnend den Zeigefinger. Auf Wunsch schweigt der Assistent aber auch.

Der entschlackte Innenraum beeindruckt auf den ersten Blick mit viel Leder, doch ist das Armaturenbrett unter dem schmucken Lederbezug nur wenig unterschäumt und besteht dann zur Windschutzscheibe hin aus Hartplastik. Dort tut sich ein deutlich sichtbarer rechteckiger Schlitz für den Projektor des Head-up-Displays auf. Das erledigt seinen Job, erreicht aber nicht ganz die technische Ausgereiftheit der deutschen Konkurrenz. Augmented Reality, wie mit den ins Sichtfeld projizierten Pfeilen bei Volkswagen, ist noch kein Thema.