Gigabit-Verordnung: EU-Parlament ebnet Weg für schnelleren Breitbandausbau

Mit dem Gigabit Infrastructure Act sollen Anträge für Hochgeschwindigkeitsnetze einfacher bewilligt werden und Mehrkosten für Telefonate in der EU wegfallen.​

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Zwei Männer in orange Overalls führen Glasfaser von einer hölzernen Kabelrolle in einen Schacht; im Hintergrund Einfamilienhäuser und Bäume

Das Symbolbild zeigt Glasfaserverlegungsarbeiten in der kanadischen Stadt Lethbridge

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

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Mit der rekordverdächtigen Mehrheit von 594 Ja- und nur 7-Nein-Stimmen hat das EU-Parlament am Dienstag den lange umstrittenen Entwurf für eine Gigabit-Infrastrukturverordnung beschlossen. Er zielt darauf ab, Bürokratie sowie Kosten und Verwaltungsaufwand rund um den geplanten Anschluss aller EU-Bürger an Hochgeschwindigkeitsnetze bis 2030 zu verringern. Künftig soll eine Genehmigungsfiktion greifen: Anträge zum Netzausbau, die nicht innerhalb von vier Monaten beantwortet werden, gelten demnach als stillschweigend bewilligt. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) bedauert allerdings, dass die EU-Regeln hinter der deutschen Vorgabe von drei Monaten zurückbleiben und so bei der nationalen Umsetzung nicht weiter helfen.

Alle neu errichteten oder im größeren Umfang sanierten Gebäude müssen laut Gigabit Infrastructure Act (GIA), auf den sich Verhandlungsführer der EU-Gesetzgebungsgremien im Februar geeinigt haben, mit Glasfaser ausgestattet werden. Endlose Buddelarbeiten sollen ein Ende haben. Bauarbeiten müssen zwischen Glasfaserinstallateuren und anderen öffentlichen Versorgern und deren Arbeiten koordiniert werden. Die Mitgliedsstaaten sollen Anlaufstellen in Form eines "Single Information Point" (SIP) einrichten, um Informationen zu Genehmigungen und Bauarbeiten leicht zugänglich zentral und digital bereitzustellen. Ausgenommen werden kritische nationale Infrastrukturen (Kritis).

Prinzipiell müssen Netzbetreiber in EU-Ländern Konkurrenten künftig Zugang zu Leerrohren und Masten geben, um die Ausbaukosten insgesamt zu drücken. Ausnahmen gelten für Deutschland und Italien. Anbieter können dort einen Überbau bestehender Glasfasernetze durch Mitnutzung bestehender Infrastruktur ablehnen, wenn sie Lösungen wie ein virtuelles Zugangsprodukt ("Bitstrom") anbieten. Hintergrund der Extrawurst ist, dass das deutsche Telekommunikationsgesetz (TKG) eine solche Option bereits vorsieht. Der Branchenverband Buglas zeigte sich erleichtert: So könnten die Interessen der Unternehmen besser berücksichtigt werden, "die mit hohem Aufwand bis mindestens in die Gebäude reichende Glasfasernetze errichten". Zudem würden Anreize zur Öffnung und Nutzung bestehender Leitungen (Open Access) gestärkt.

Extra-Gebühren für Anrufe, SMS und Datennutzung aus der Heimat in andere Mitgliedsstaaten jenseits des allgemeinen Roamings im Mobilfunk sind in der EU seit 2019 begrenzt. Das Limit für Gesprächszuschläge beträgt 0,19 Euro pro Minute. Diese Vorschrift läuft am 14. Mai aus. Der GIA sieht daher vor, dass die Preisobergrenzen zwar zunächst weiter gelten, die innergemeinschaftlichen Kommunikationszuschläge aber 2029 entfallen - davor soll die EU-Kommission aber noch Vorschriften zum Schutz der Anbieter vor Betrug und ähnlichen Widrigkeiten erlassen. Um eine Gesetzeslücke zu schließen, wird der GIA schon drei Tage nach Veröffentlichung im EU-Amtsblatt in Kraft treten – statt nach 20. Denn der Entwurf muss noch durch den EU-Ministerrat, was für den 29. April geplant ist. Telecom-Anbieter hätten sonst Mitte Mai die Gebühren vorübergehend anheben können.

(ds)