Alternativen zum Krypto-Mining: Warum Polkadot auf Proof-of-Stake setzt

Kryptowährungen brauchen kein stromaufwendiges Schürfen, argumentiert unser Autor Joe Petrowski und zeigt auf, was die Plattform Polkadot anders macht.

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Von
  • Joe Petrowski
Inhaltsverzeichnis

Bitcoins Konsens-Algorithmus, bekannt als Proof of Work, war zum Start des Netzwerks eine Einheitslösung. Allerdings ist der Algorithmus meiner Ansicht nach mit einer Reihe von Problemen behaftet, die ihn im besten Fall zu einer nicht optimalen und im schlimmsten Fall zu einer ungeeigneten Lösung für die Zukunft der Finanzen und des Internets machen. Seit dem Start des Bitcoin-Netzwerks im Jahr 2009 haben Entwickler und Forscher die Rolle von Konsens und isolierten Komponenten untersucht, um zu besseren Lösungen zu gelangen.

Eine Artikel von Joe Petrowski

Joe Petrowski ist Technical Integrations Lead bei der Web3 Foundation, die Forschungs- und Entwicklungsteams finanziert, welche den Technologie-Stack des dezentralen Webs aufbauen. Bevor er sich mit Blockchains beschäftigte, arbeitete er an Satellitenstarts.

Als allgemeine technische Regel gilt, dass modulare Systeme spezialisierter, leistungsfähiger und besser wartbar sind. Dies ist allerdings bei physischen Systemen einfacher zu begründen als bei einer Software. Autos haben etwa eine Standardschnittstelle zum Anschließen eines Reifens, und Verbraucher können Reifen kaufen, die für ihre Umgebung oder Jahreszeit geeignet sind, wie Sommer, Regen oder Schnee. Es wäre ineffizient, teuer und mühsam, wenn zum Reifenwechsel die Achsen ausgebaut und der gesamte Motor zerlegt werden müsste.

Das gleiche Prinzip gilt beim Software-Design. Das Zerlegen großer in kleinere, individuelle Probleme ermöglicht es, das gesamte System effizienter zu betreiben und zu warten. Proof of Work verstrickt sich in eine Reihe anderer Prozesse, die auf einer sogenannten Blockchain stattfinden. In diesem Artikel möchte ich die ursprünglichen Probleme analysieren, die Proof of Work lösen sollte, und neue Probleme vorstellen, die seitdem aufgetaucht sind. Und ich möchte Wege aufzeigen, wie Blockchains wie Polkadot Proof of Stake nutzen, um eine robustere Plattform zu schaffen.

Konsens wird meist als ein alleinstehendes Problem betrachtet, das einer Lösung bedarf. Gerade, wenn es um die Sicherung von öffentlichen, genehmigungsfreien Netzwerken geht, beinhaltet Konsensfindung aber drei Probleme, die jedes für sich gelöst werden können: Beteiligung, Urheberschaft und Endgültigkeit.

Erstens: Wer darf teilnehmen? In einem Proof-of-Work-System kann jeder, der eine CPU hat, teilnehmen. Anders ausgedrückt: Die Anzahl der Teilnehmer ist offen und jeder kann zu jeder Zeit teilnehmen. Dies mag auf den ersten Blick und vor allem ethisch vorteilhaft erscheinen, es bringt aber auch viele Nachteile mit sich. Insbesondere die Tatsache, dass böswillige Benutzer im Geheimen teilnehmen, Projekt unterminieren und ihre Teilnahme erst spät aufdecken.

Proof-of-Stake-Systeme hingegen verfügen über zahlreiche Algorithmen zur Auswahl der Teilnehmer. Aus Gründen, die wir hier später erörtert werden, wählen die meisten Proof of Stake-Systeme nur eine endliche Anzahl von Teilnehmern für eine endliche Zeitspanne.

Polkadot verwendet dafür eine sogenannte sequenzielle Phragmen-Wahl. Dabei handelt es sich um ein Konzept für einen optimierten Wahlablauf, das vom schwedischen Versicherungsmathematiker Lars Edvard Phragmen stammt. Auf dieser Basis wird alle 24 Stunden die Menge der Teilnehmer ("Validierer") bestimmt. In diesem System kann jeder mit einem Einsatz ("Token") an jeder Wahl teilnehmen, aber die Teilnehmerzahl ist für die Dauer von 24 Stunden bis zur nächsten Wahl auf eine endliche Menge – die Wahlgewinner – beschränkt. Validierer-Kandidaten brauchen selbst keine große Menge an Token. Zudem können andere Abstimmende ("Nominatoren") mehrere Validierer unterstützen, denen sie vertrauen.

Das Ergebnis der Phragmen-Wahl ist die Menge der Validierer, die den Gesamteinsatz maximiert und die Varianz des Einsatzes unter den Gewinnern minimiert. In Abweichung von anderen Proof-of-Stake-Konsensverfahren hängt die Macht eines Polkadot-Validierers nicht von der Höhe seines Einsatzes ab; der Validierer mit dem geringsten Einsatz hat die gleiche Stimmkraft für den Konsens wie derjenige mit dem höchsten Einsatz. Dieses "One-Validator-One-Vote"-System, kombiniert mit der Optimierung aus Phragmens Modell, verhindert, dass Oligarchien das Netzwerk mit einer kleinen Anzahl von Validierern übernehmen.

Zweitens muss ein Konsens-Algorithmus entscheiden, wer den nächsten Block in der Blockchain verfassen darf. Der Block muss letztlich nicht akzeptiert werden, wenn aber jeder Teilnehmer in jeder Runde einen Block vorschlägt, würde das System mit möglichen Blöcken überflutet. Bei Proof of Work ist die Lösung systemimmanent und auch der Grund dafür, dass Proof of Work so viel Energie verbraucht. Miner hashen Zufallszahlen zusammen mit einem Block, in der Hoffnung, einen ausreichend niedrigen Output zu finden, um ihren Block vorschlagen zu können.

Das Bitcoin-Netzwerk verbraucht praktisch keine Energie, um Transaktionen zu verarbeiten; es verwendet fast 100 Prozent seiner Energie, um zu bestimmen, welcher Teilnehmer ("Miner") den nächsten Block erstellen darf.

Anders bei Proof of Stake: Da die Teilnehmermenge zu jedem beliebigen Zeitpunkt endlich und bekannt ist, müssen die Algorithmen, die die Blockautoren auswählen, keine unbegrenzte Menge an Blockautoren zulassen. Die Algorithmen können andere Schemata für die Zuweisung von Blockproduktionsrechten verwenden, die von einfachen Round-Robin-Verfahren bis hin zu komplexen Zufallsschemata reichen.

Polkadot verwendet einen Algorithmus namens Blind Assignment for Blockchain Extension (BABE). Die Zeit wird in Slots unterteilt, und die Validierer verwenden eine überprüfbare Zufallsfunktion, um bestimmte Slots basierend auf ihren privaten Schlüsseln zu beanspruchen. Im Vergleich zur Round-Robin-Auswahl stellt BABE sicher, dass nur ein Blockautor weiß, wann er an der Reihe ist, einen Block zu verfassen und gleichzeitig seine Rechte mit einer digitalen Signatur nachweisen kann. Diese Methode verhindert, dass Angreifer die Blockchain zum Stillstand bringen, indem sie selektiv jeden nächsten Autor einzeln angreifen.