Passagierkapsel für den Fernverkehr: Schnelle und nachhaltige Züge mit Hyperloop

Mit Hyperloop gleiten Passagierkapseln mit starkem Unterdruck in Magnetschwebetechnik dahin und sind dabei schneller und energieeffizienter als heutige Bahnen.

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(Bild: TUM Hyperloop)

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Der Begriff Hyperloop stammt von Elon Musk, aber vor allem europäische Ingenieure und Forscher treiben diese Technik voran. Bei den vier sogenannten Hyperloop Pod Competitions in den Jahren 2017 bis 2019, für die Musk eigens eine Stahlröhre in Los Angeles aufbauen ließ, gewann ein Team der TU München viermal mit der höchsten Geschwindigkeit. Auch die weiteren vorderen Plätze belegten fast ausschließlich europäische Teams.

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  • Bei Unterdruck können Schnellzüge in Magnetschwebetechnik sehr hohe Geschwindigkeiten erreichen.
  • Forscher starten in diesem Jahr mit Versuchen in eigenen Röhren. In der Diskussion ist ein europäisches Städtenetz.
  • Aus Hyperloop-Röhren dringen wenig Emissionen und Lärm, kinetische Energie wird beim Bremsen in elektrischen Strom rückgewandelt.

Die Vorstellungen der Forscher und Entwickler: Im Vakuum einer Röhre oder zumindest im Unterdruck von ein bis zehn Millibar könnten Passagier- und Frachtkapseln in Magnetschwebetechnik mit sehr hohen Geschwindigkeiten energieeffizient und lokal emissionsfrei dahingleiten. Tatsächlich ist dieses Konzept sehr nah an den Ideen des Swissmetro-Projektes. Das sah schon in den 70er-Jahren ein Vakuumtunnelsystem für Magnetschwebebahnen zwischen Schweizer Städten vor, wurde aber nie umgesetzt.

An der TU München und auch an der Hochschule Emden/Leer entstehen erste kurze Teströhren (Stand Januar 2023), damit universitäre Teams und Unternehmen mit Hyperloop-Technik experimentieren können. Nicht weit von den Ostfriesen baut Hardt Hyperloop derzeit eine längere Röhre in der Provinz Groningen auf. Die Holländer haben die Vision, den internationalen Flughafen Schiphol einmal über ein Röhrennetz mit anderen großen Flughäfen in Europa zu verknüpfen. Das könnte das Ende der Mittelstreckenflüge in Europa einläuten.

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Elon Musks Beitrag besteht in erster Linie in der großen Vision und einem einprägsamen Begriff sowie in einer Reihe von Hyperloop Pod Competitions in einer eigens aufgebauten 1250-Meter-Röhre, die auf zehn Millibar evakuiert werden konnte. Nach dem ursprünglichen Whitepaper von Musk sollte der Hyperloop wie auch heute geplant in einer Unterdruckröhre fahren und hohe Geschwindigkeiten erreichen. Allerdings malte sich Musk in seinem ersten Konzept aus, dass die Fahrzeuge Luft vorn Ansaugen und mit einem Teil davon ein Luftkissen unter den Rädern aufbauen. Der Rest sollte über einen Düsenantrieb den notwendigen Vortrieb geben. Die Energie für das ganze System sollten Solarpanels auf der Röhre einfangen.

"So will das heute aber niemand bauen", sagt Gabriele Semino, Projektleiter des Hyperloop Forschungsprogramms an der TU München (TUM Hyperloop). Im Münchner Vorort Ottobrunn haben die Forscher gerade ein Röhrensegment von 24 Meter Länge mit den Originalmaßen eines Passagiertransportsystems aufgestellt. Dementsprechend hat die Röhre einen Durchmesser von vier Metern. Die dazu entwickelte Transportkapsel, der sogenannte Pod, bietet Passagieren im Innenraum eine Höhe bis zu zwei Metern.

In diesem Frühjahr will die TU München ein Testsegment von 24 Metern fertigstellen.

(Bild: TUM Hyperloop)

Im Unterschied zu Musks erster Vision entwickeln die Münchner so wie auch andere Hyperloop-Unternehmen und Forschungsinstitute kein Luftkissenfahrzeug mit Düsenantrieb, sondern eine Magnetschwebetechnik. Im Demonstrator testen sie die Vakuumtechnik, ihr System ist auf einen Betrieb im Unterdruck bei ein bis zehn Millibar ausgelegt. Da an der TUM eine Betonröhre entsteht, müssen die Entwickler die Fugen zwischen den einzelnen Betonsegmenten sehr sorgsam abdichten; bisher genutzte Stahlröhren kann man leichter vakuumsicher miteinander verschweißen.

Die Teströhre in Ottobrunn bei München wird aus Beton gefertigt. Die Pods fahren berührungslos zwischen den Betonträgern; sie ziehen sich magnetisch von unten an darin eingebaute Stahlschienen heran.

(Bild: TUM Hyperloop)

Bei der Magnetschwebetechnik steckt der eigentliche Antrieb in Magnetspulen in der Röhre. Beim Münchner System schwebt der Pod zwischen zwei Betonträgern mit Stahlschienen. Mit Elektromagneten zieht sich der Pod von unten an diese Schienen heran, hält aber einen festen Abstand zu ihnen ein. Von außen gesteuert zieht zusätzlich ein Linearmotor die Transportkapsel und beschleunigt sie in die eine oder die andere Richtung. Der Pod gleitet berührungslos durch die Röhre. Der große Unterschied zur herkömmlichen Magnetschwebetechnik, die einst für den Transrapid entwickelt worden ist, besteht im sehr geringen Luftwiderstand.

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Die Tests im Demonstrator sollen in Ottobrunn im Frühjahr 2023 beginnen (Stand Januar 2023). Die Forscher wollen Erfahrungen mit der Vakuumtechnik, der Schwebetechnik und dem Anfahren sammeln. Gemeinsam mit dem TÜV Süd will man erste Leitlinien für die Zertifizierung eines derartigen Personentransportsystems entwickeln. Die dabei gewonnenen Erfahrungen sollen helfen, eine mittellange Strecke aufzubauen, um echte Fahrten und Beschleunigungen zu testen.